Entladung II – das Dringliche – Bild ist nicht nur der Titel aktuellen Ausstellung von Markus Ebner, sondern auch die Titel, der zwischen 1981 und 1982 entstanden, letzten Arbeiten von Günter Fruhtrunk. Gezeigt werden detailgenaue Rekonstruktionen der drei Gemälde.
Die seit Duchamp verbreitete Auffassung, dass erst die Wahrnehmung des Publikums das Werk vollendet, erhebt Rezeption und Produktion zu gleichermaßen schöpferischen Vorgängen, weswegen in der Appropriation Art das geistig oder auch materiell nachvollzogene Werk unter dem Namen derjenigen firmiert, die diese kreative Betrachtung „geleistet“ haben. Anders als im Fall rein geistiger Rezeption erlaubt Markus Ebner die Malerei, sein Begreifen mit Farbe und Form sichtbar zu machen.
Doch trotz dieser Anlehnung an die kunstgeschichtlich bewährten Verfahren der Rekonstruktion und der Appropriation weicht Ebner sowohl von der rein nachempfindenden als auch von der aneignenden Strategie in entscheidenden Punkten ab. Der durch seine Signatur betonte Hinweis auf die unterschiedliche Urheberschaft berührt die unverändert aktuelle Frage nach dem Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit: Die grassierende Enteignung geistigen Eigentums stellt RezipientInnen vor die Aufgabe, zwischen Bild und Abbild zu unterscheiden und zu diesem Zweck eine unbestechliche Trennschärfe zu entwickeln, was jedoch die Menge an Material, die Geschwindigkeit seiner Auf- und Abwertung, und die entsprechend oberflächlichen Betrachtungsgewohnheiten erschweren.
Markus Ebner konzentriert sich auf ein Œuvre, das – obwohl kanonisierter Teil deutscher Malerei der Nachkriegs-Moderne – nicht unbedingt den Wiedererkennungswert der seitens der Appropriation Art zitierten Werke genießt. Diese Entscheidung für das Werk eines rigorosen Formalisten widerspricht aktuellen Einschätzungen, denen zufolge die Ästhetik Konkreter Malerei einer vergangenen Epoche angehört.
Die Abkehr von dem den Kunstmarkt dominierenden Fortschrittsglauben zugunsten einer Revision des Vorhandenen wurde bereits in der Postmoderne praktiziert. Verglichen aber mit dem seither gängigen, aus Fragmentieren und Synthetisieren bestehenden Eklektizismus beschränkt sich Markus Ebner auf das Werk eines einzigen Künstlers, nämlich das seines Lehrers Günter Fruhtrunk. Ein solches Vorgehen wie auch dessen Ergebnis stellt eine konventionelle Auffassung von Kunstschaffen und Künstler in Frage.
Entladung II – das Dringliche – Bild is not only the title of Markus Ebner’s current exhibition, but also the title of Günter Fruhtrunk’s last works, painted between 1981 and 1982. Markus Ebner will show the detailed reconstruction of these three paintings.
Since Duchamp made it clear that a work of art is completed only by way of the audience’s perception, reception and production have become equally creative procedures. This process is made obvious within appropriation art, where the mentally comprehended piece is signed by the person who had performed this creative reflection. As opposed to merely intellectual apprehension, Markus Ebner, being a painter, is capable of visualizing his understanding by means of color and shape.
Yet despite these references to art-historically established methods of reconstruction and adoption, Markus Ebner differs from those purely reiterating, resp. appropriating strategies in terms of two crucial aspects. Highlighted by his signature, the evidence of the changed authorship touches on the still topical issue of The Work of Art in the Age of Mechanical Reproduction. The nowadays ubiquitous plagiarism of intellectual property makes it all the more necessary to distinguish between first and second images. However the development of the requisite discriminatory power is impeded by rather superficial ways of perception we adopted in order to cope with the multitude of visual material and the speed of its accretion.
Moreover Ebner focuses on a body of work which – despite of being a canonical part of German post-war painting – doesn’t necessarily enjoy the recall value of the generally mainstream material employed by appropriation artists.
Choosing instead the work of a strict formalist cuts across recent notions of concrete painting as just another modernist style and hence of merely art-historical interest. Of course this renunciation of the belief in progress still prevalent in the art market today, in favor of a revision of the already discarded, has been an essential feature of postmodern practices. Yet unlike postmodernism’s eclectic dis- and re-assembling of quotations, Markus Ebner confines himself to one single artist’s work, namely the work of his former teacher Günter Fruhtrunk, without any arbitrary modification. His whole procedure as well as its outcome scrutinizes the conventionalized notion of art making and artist.