Abschüssige Heiterkeit
Um seiner Freude an ungebremster Farbigkeit und anarchischen Formen Anknüpfungspunkte zu liefern, beginnt Max Brand seine Materialschlachten mit der Anfertigung des Spielfeldes. Durch lockeres Applizieren unterschiedlicher Stoffstücke entsteht eine dreidimensionale Struktur, die in das spezifische Verhalten der mal pastosen, mal gesprühten Farbe den kontrollierten Zufall einfügt: Nähte, Falten, Löcher leiten den Farbverlauf.
Aus diesem Urzustand der Gestaltungsmittel treten wiedererkennbare Elemente hervor, die sich mit solcher Entschlossenheit über lose Lappen und knotige Krusten hinwegsetzen, dass sich der Verdacht geheimer Botschaften aufdrängt. Welches Gewicht lastet auf der Ente? Und warum widersetzen sich die Grundfarben im Destillierkolben traditionellen Farb-Form-Zuordnungen? So lösen die über der Wildnis schwebenden Figuren eine Fahndung nach semantischen Untiefen aus.
Die bei Brand nebeneinander liegenden und somit nachvollziehbaren Schritte vom Suchen zum Finden sind bei Matthias Dornfeld als einander überlagernde Schichten mehr ahn- als sichtbar. Dornfelds figurative Motive sind Endstufe einer Entwicklung, die noch unterhalb der Fläche rumort.Keine der menschlichen Figuren lässt sich auf Blickkontakt ein. Die einen, weil wir sie im Profil sehen, und auch die sich uns frontal zuwendenden weichen aus. So sind Dornfelds Bildnisse nie Porträt, sondern stets überindividuell – reine Typen, doch von zwingender Eindringlichkeit.
Ihre Ähnlichkeit mit archaischen Idolen resultiert aus der Strenge, mit der Details zu Flächen zusammen gefasst, und Gestik und Mimik zu maskenhafter Regelmäßigkeit begradigt ist. Locken, Falten und kleinteilige Strukturen sind unter einer abstrahierenden, fast undurchsichtigen Farbschicht nur mehr zu vermute
Aufgrund ihrer kantigen Flächigkeit bilden Dornfelds Schemen das Scharnier zwischen dem Aufruhr, den Brands Objekte um sich verbreiten, und der Disziplin, mit der sich Gregor Hyllas konkrete Malerei in sich zurückzieht. Die exakte Umsetzung ausgeklügelter Konzepte ergibt eine Gliederung der Bildfläche in horizontale, vertikale und diagonale Zonen in den Grundfarben sowie weniger Mischungen. Gedeckte Töne dominieren, ungebrochene treten nur in kleinem Umfang in Erscheinung – auf größeren Flächen ist ihre Leuchtkraft verdunkelt und vertieft. Nachträglich auf vormals farbige Flächen aufgebracht, lässt Weiß die darunterliegende Schicht als Tönung erkennen. So wirkt es weniger als Farbe denn als Lücke, ohne dabei einen illusionären Raumeindruck zu erzeugen.
Insgesamt verdankt sich Hyllas Konzentration auf wenige Formen und Farben einer bewussten Entscheidung für Malerei – samt ihrer Eigenheiten. Weit davon entfernt, eine diesem Medium widersprechende Perfektion zu behaupten, setzt er ganz auf die ihr eigenen Effekte, wie sie etwa durch Trocknen und Gerinnen der Pigmente oder ähnliche Reaktionen entstehen.
Auf dem Raster bauen auch Maria Lobodas Collagen auf, doch wird die Gewebestruktur von tänzerischen Fremdkörpern überlagert. Unregelmäßig konturierte Formen bewegen sich über dem Geflecht und erzeugen so einen Luftraum vor dem Teppich aus miteinander verspannten Linien. Ihre Präsentation auf grauem Textil betont die stoffliche Machart der Gebilde und bindet die zweidimensional wirkenden Arbeiten in Lobodas vorwiegend innenarchitektonisches Werk ein.
Von ihrem Interesse für die Verbindung von handwerklicher Sorgfalt und spiritueller Symbolik zeugt auch The same Cabinet with it’s Doors Open: Zwei Objekte aus Buchenholz, die sich aufgrund ihrer überlangen Beine der Bezeichnung Schränkchen entziehen.
Mit roten Korallen anstelle eines Griffs versehen, drängt sich angesichts dieser wenig funktionalen Grazien ohnehin eher die Assoziation an sakrale Gefäße auf, galt doch die Koralle aufgrund ihrer Ähnlichkeit zum Schlangenhaar der Medusa einst als unschlagbar zur Abwehr des Bösen Blicks. Aufgrund dieser Eigenschaft kann man diesem mit allen magischen Wassern gewaschenen Türsteher getrost das Bewachen eines geheimen Raums anvertrauen – sogar bei angelehnter Tür.
Sloping Exhilaration
In an expression of his pleasurein unbridled colour and anarchic forms, clues and connections, Max Brand begins his material battles with the preparation of the battlefield. A three-dimensional structure emerges through the loose application of differentpieces of material; the specific behaviour of the sometimes pastos, sometimes sprayed colours adapts itself to controled accident: seams, folds and holeslead the blend of colours.
From this original condition of the means of construction, recognisable elements emerge, which assert themselves so decisively over loose rags and knotted crusts that one begins tosuspect secret messages. What is meant by the duck? And why do the primary colours in the destilling flask defy the traditional colour-form-correlations? Thus the figures hovering over the wilderness elicit a search for semantic shallowness.
The steps from searching tofinding, which with Brand are so close-set and therefore so traceable, are in Matthias Dornfeld‘s layers, one over the other, more guessable than visible. Dornfeld’s figurative motifs are the final stages of a development which slumbers under the surface. One, because we see her in profile, but even those seen frontally avoid it. Sometimes their pupils focus on a point just next tous, sometimes we vainly search for eyes in caverns. Dornfield’s pictures are thus never portraits, but are always beyond the individual – pure types, yet with an urgent force fulness. Their similarity to archaic idols results from the strictness with which the details are combined to surfaces, gesture and mime are levelled to mask-like regularity, and minute structures can be barely suspected under an abstracting, almost opaque layer of colour.
With their sharp surfaces, Dornfeld’s schemes create a hinge between the commotion which Brand’s objects create around them and the discipline with which Gregor Hyllas’ concretepainting with draws into itself. The exact implementation of sophisticated concepts results in a division of the picture surface in horizontal, vertical and diagonal zones in the primary colours as well as a few blends. Muted tones dominate, and unbroken, they appear only in small areas – on larger planes their luminosity is darkened and deepened. Applied in retrospect to previously colourful ares, the white allows these to be seen only as a tone. It then comesaccross not so much as a colour than as a gap, without creating an illusionary impression of space.
Hillas’ concentration on few forms and colours is therefore thanks to a conscious choice for painting – with all its peculiarities. Far from suggesting a perfection which is in opposition to this medium, he places his trust in the effects of the medium itself, which occur through pigments drying and congeling or through other reactions.
Maria Lobodas’ collages are also created along these lines; yet the fabric’s structure is overlayed with dancingly foreign bodies. Irregularly contored forms move through these and the weave and so create, in front of the tapestry, a space of tensely interwoven lines. Their presentation upon the grey textile emphasizes the material workmanship of the images and connects these more two-dimensional works to Lobodas’ mainly architechtonic work.
The Same Cabinet with its Doors Open, two objects made of beech wood which, with their surreally long legs, defy the title of cabinets, also speak of this preference for the connection between careful workmanship and spiritual symbolism. Furnished with red corals instead of a handel, the association, due to these less than functional ornaments, is to be found more with sacred vessels anyway. The coral was once viewed as unbeatable in fending off the evl eye because of tis similarity to the snake hair of the Medusa. With such an attribute you can entrust the guarding of any secret room to this tricky doorman.