„Die Farbe hat mich.
Ich brauche nicht nach ihr zu haschen. Sie hat mich für immer. Das ist der glücklichen Stunde Sinn:
ich und die Farbe sind eins. Ich bin Maler.“
Ein ähnliches Frohlocken mag auch Sebastian Dacey beschlichen haben, und es wäre vorstellbar, dass er den ruhigen Wellengang der mehrfach gesättigten Töne auf weiteren Leinwänden fortsetzt, getragen vom befriedigenden Gefühl: Nichts fehlt. Alles da. Sehr da. Die Intensität des deutlich als Ausschnitt einer kontinuierlichen Bewegung gekennzeichneten horizontalen Stroms erübrigt ein rationales Verständnis von ‘Dasein’, Hegels in die Umgangssprache eingesunkenen Begriffs. Die Farbe ist so dermaßen ‘da’, dass sie den Betrachter geradezu anspringt. Frei von ablenkendem Beiwerk wie Komposition oder anderen Hierarchien erfüllen die mäandernden Felder das emotionale, fast physiologische Bedürfnis nach grobstofflichem Licht zu vollster Zufriedenheit.
Lichtreflexe auf der üppig aufgetragenen Farbe, sowie der Schattenwurf der Grate, die sich am Rande cremiger Furchen aufrichten, verleihen den Gemälden eine reliefartige Erscheinung. Ungeachtet einer einst populären Doktrin, derzufolge Malerei flächig zu sein habe, um sich ihres Namens würdig zu erweisen, ist die Bildfläche strukturiert. Der betont physische Charakter der Farbe sensibilisiert den Blick für Abweichungen, wie die nuancierte Übergänge, die eher optisch als materiell wirken und eine ephemer lichthafte Erscheinung annehmen. Doch das wohlige Schwelgen in duftigen Verwehungen wird jäh unterbrochen durch darauf verteilte Farbpartikel, die die sich gerade einstellende atmosphärische Wirkung konterkarieren, indem sie die haptische Beschaffenheit der sich in reines Licht aufzulösen drohenden Farbe in Erinnerung rufen.
Hinsichtlich der Form ähneln die mit beiden Händen gezogenen Furchen von den mit langer Belichtungszeit aufgenommenen Bewegungen eines Dirigenten, der nach ruhigen horizontalen Schwüngen mit einer abschließenden Einwärtsbewegung für Ruhe sorgt. Trotz ihrer Regelmäßigkeit verfügen die unspektakulären Figuren über eine beträchtliche visuelle Haltbarkeit. Die nachhaltige Wirkung verdankt sich ihrer Entstehung aus einem nicht korrigierbaren Prozess, bei dem die Finger unter der Oberfläche verborgene Farben offenlegen. Frei von aktionistischem Pathos beruht die unaufgeregte Bild auf dem Dualismus von Energie und Trägheit. Gebremst vom Widerstand des Materials ist es der sichtbare Kraftaufwand, der den freien Schwung stocken lässt und so die Zurschaustellung virtuoser Eleganz durch lebendige Unregelmäßigkeit verhindert. Mühsam gebändigt ziehen die Streifen relativ parallel ihre Bahn, um anlässlich der finalen Drehung reizvoll aus dem Ruder zu laufen.
Die Komplexität changierender Farbe in diszipliniert gestischer Form unterscheidet sich in einem Maße vom zurückhaltend modulierten Grund, dass die Figuren energisch nach vorn drängen. Doch die Hierarchie von passiver Matrix und sich ihr entwindender Gestalt trügt. Tatsächlich liegen die Farbbänder unter der Fläche, über die sie sich zu erheben scheinen.
Die Ambivalenz von oben und unten setzt sich fort. Auch die ob ihrer Geschlossenheit als Gestalt wahrgenommenen zartblauen Gebilde scheinen aus einem nervösen Gewebe empor zu steigen, obwohl ihre Ränder in Wirklichkeit die dem Geflecht zugrunde liegenden Lackgrund aussparen. Dieses Freilegen des Eingeschlossenen entspricht dem Thema des Ein- und Ausschließens, das sich mal ein- mal vieldeutig durch vier Gemälde zieht. Während Binnenformen inmitten eines kleinteiligen Farbgeflechts als Einheiten erkennbar sind, wandelt sich Innen und außen nach dem Prinzip eines Möbius-Bandes. Die untrennbar verzahnten olivgrünen und schwarzweißen Flächen wechseln ihre mal positive, mal negative Funktion wie Kippfiguren. Auch das zweifache Voluten-Motiv lebt vom Ein- und Ausschwingen der Linien, die fließend vom Äußeren zum Inneren übergehen.
„Nichts ist drinnen, nichts ist draußen;
Denn was innen, das ist außen.“
Abstraktion hat Dacey in der Vergangenheit durchgespielt, indem er vegetative Elemente auf Zeichen reduzierte und anschließend bis zur völligen Zerstreuung analysierte. In einer vom Komplementärkontrast Blau-Orange gehaltenen Arbeit findet die Entwicklung vom Gewachsenen zum Gebautem mittels der Durchdringung horizontaler und vertikaler Streifen durch diagonale organisch geformte statt, dramatisiert durch einen Kalt-Warm-Kontrast und das Wechselspiel von Offenbaren und Verbergen, oder anders gesagt: Es geht drunter und drüber.
Overwhelmed by the immediacy of colours bathed in Tunesian light, Paul Klee rejoiced in 1914: “I am at one with colour. I am a painter.” A similar rapture may have grown upon Sebastian Dacey. While painting an even stream of radiant colours, he might have felt tempted to continue from one canvas to another, carried by the satisfying feeling that nothing is missing. Everything is there. Just there. Colour is here and now to a degree it literally jumps at the viewer. Rid of distracting accessories like composition or other hierarchies, the undulating fields meet the emotional, almost physiological need for materialized light to full satisfaction.
Light reflexes upon lavishly applied paint, shadows of ridges piling up next to creamy grooves – all this sculptural elements make paintings appear like reliefs. Despite a once popular doctrine according to which painting has to be flat to merit its name, the picture-plane is visibly structured. The colours’ pointedly physical character sensitizes the eye for subtle differences like those nuanced transitions, apparently rather visual than material, assuming an ephemeral appearance similar to light. But this blissful revelling in fluffy drifts is interrupted by small lumps of colour strewn all over a surface that was just about to dissolve into pure light, reminding the latter of its coarse nature.
The shape of those furrows is reminiscent of a conductor being photographed by long exposure, whose hands after a calm horizontal sway command silence by a final inward twist.
Their regularity notwithstanding, the unobtrusive figures own a considerable shelf life. Their lasting effect is due to their origination in a process which cannot be corrected, yet without the action painting’s drama of ‘push and pull’ so common in grand modern gestures. The trace of fingertips unearthing colours hidden beneath a dense surface visualizes the dichotomy of energy and inertia. Inhibited by the material’s resistance, the visible strain slows down the easy momentum, its vivid irregularity preventing the display of virtuosity.
As if aligned merely by considerable force the stripes run next to each other in a more or less parallel fashion before charmingly disbanding within the final curve.
The complexity resulting from the combination of iridescent colour and domesticated gesture stands in stark contrast to the calmly modulated ground, which makes the shapes press forth vigorously. The hierarchy between the passively retreating matrix from which a gestalt wrenches its way to the fore is illusive, though. Obviously standing out, the streaks indeed lie beneath the plane over which they seem to hover.
The ambiguity of above and below continues. Also those light blue figures appear to rise from an intricate web of multicoloured fibre. In fact they just show the priming lacquer underlying the oils.
This revelation of the concealed corresponds to the topic of in- and exclusion characteristic of the whole show. Sometimes inside and outside is shifting like a Moebius strip. Inextricably interlocked planes in olive-green and black and white change from positive to negative like reversable figures. The twofold volute as well consists of an in- and outgoing movement.
Previously Dacey has already investigated abstraction by reducing vegetative elements to signs before analysing them up to complete dissipation. A painting based on the complimentary contrast of blue and orange re-enacts the evolution from the grown to the built by means of interpenetrating horizontal, resp. vertical stripes with organic diagonal ones. This relation between two conflicting principles is intensified by the contrast of cold and warm colour, playing the eternal game of Now you see me, now you don’t.